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iff-Infobrief 38/02

Bankgebühren, defekte Selbstbedienungsautomaten, Haftung

 

I. Sachverhalt

 

Durch die Flutkatastrophe sind viele Banken überflutet worden. das Wasser hat vielerorts die dort aufgestellten Selbstbedienungsautomaten (Geldautomat, Kontoauszugsdrucker, Überweisungsautomat) außer Betrieb gesetzt. Die Kunden müssen bis auf Weiteres ihr Geld am Schalter abheben und Überweisungen am Schalter tätigen lassen; die Kontoauszüge werden ihnen zugeschickt, weil der Auszugsdrucker nicht funktioniert und das System automatisch die postalische Zustellung vorsieht, wenn die Kontoauszüge nicht innerhalb einer bestimmten Frist regelmäßig ausgedruckt werden.

Das Problem: Im Gegensatz zu den Selbstbedienungsmöglichkeiten, d.h. selbst die Auszüge auszudrucken und die Überweisungen am Automaten selbst vorzunehmen, sehen die Banken für die Inanspruchnahme der Serviceleistungen durch das Personal erhebliche Gebühren vor. Daher stellen sich folgende Fragen:

 

 

 

II. Stellungnahme

 

1. Grundlage: Girovertrag, § 676 f BGB

Mit der Einrichtung eines Kontos schließt die Bank mit dem Kunden einen sogenannten Girovertrag gem. § 676 f BGB ab. Dabei handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag (675 Abs. 1 BGB) mit dienstvertraglichem Charakter. Aus diesem Girovertrag ergeben sich die Rechte und Pflichten der Bank und des Kunden.

 

a. Auskunfts- und Informationspflicht

Zu einer der wesentlichen Pflichten der Bank gehört es, dem Kunden über seine Kontobewegungen Auskunft zu geben und ihn zu informieren. Damit korrespondiert die (Mitwirkungs-)Pflicht des Kunden, seine Kontobewegungen in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren, um so die Bank rechtzeitig über Fehlbuchungen etc. zu informieren (BGB 72, 9 f.; 73, 207 f.; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1997, 1546 f.; KG Berlin, NJW-RR 1996, 437 f.). Weil diese Pflicht zu einer der wesentlichen Pflichten aus dem Girovertrag zählt, muss der Kunde eine kostenfreie Möglichkeit des Informationszugangs haben und die Bank darf für diese Leistung keine zusätzliche Gebühr verlangen. Sie ist bereits grundsätzlich von den vom Kunden zu zahlenden Kontoführungsgebühren gedeckt. Das schließt zwar nicht aus, dass die Bank neben der Möglichkeit, kostenfrei über die Kontobewegungen informiert zu werden, eine kostenpflichtige Variante der Informationsbeschaffung vorsieht. Doch muss sie stets dem Kunden die Wahl zwischen der kostenfreien und der kostenpflichtigen Alternative lassen. Mit der Bereitstellung von kostenfreien Kontoauszugsdruckern einerseits und der gebührenpflichtigen postalischen Zusendung der Kontoauszüge wird die Bank diesen Anforderungen gerecht.

Fällt der Kontoauszugsdrucker aus, so droht die kostenfreie Informationsbeschaffung des Kunden über sein Konto leer zu laufen. Dis gilt insbesondere dann, wenn keine Möglichkeit besteht, auf einen anderen Kontoauszugsdrucker auszuweichen (weil es entweder nur eine Filiale im Ort gibt und die anderen Filialen sich nicht mehr in einer dem Kunden zumutbaren Nähe befinden oder weil in allen, für den Kunden in zumutbarer Nähe sich befindenden Filialen der Bank die Kontoauszugsdrucker defekt sind). Kann die Bank für einen längeren Zeitraum (hier wird man wohl die Grenze schon bei 3 Tagen ansetzen müssen), keine funktionierenden Kontoauszugsdrucker bereitstellen, so ist sie verpflichtet, dem Kunden anderweitig die Informationen kostenfrei zu verschaffen. Geschieht dies in der Weise, dass dem Kunden die Kontoauszüge zugeschickt werden, so darf die Bank dem Kunden dafür keine zusätzlichen Gebühren in Rechnung stellen.

 

b. Kontoführungspflicht

Gleiches gilt auch im Falle defekter Überweisungsautomaten. Der Girovertrag verpflichtet die Bank zur Durchführung von Überweisungsaufträgen des Kunden. Je nach Vertragsausgestaltung hat der Kunde eine bestimmte Anzahl von Überweisungen frei. Diese kostenfreie Ausführung muss ihm auch dann gewährt werden, wenn die bislang dafür eingerichtete Möglichkeit, am Überweisungsautomaten selbst die Überweisungsaufträge einzugeben, weggefallen ist. Die dann nur mögliche Aufgabe der Überweisungen am Schalter darf dem Kunden nicht extra in Rechnung gestellt werden. Dies gilt übrigens nicht nur für diejenige Anzahl von Überweisungen, die der Kunde laut Vertrag frei hat, sondern auch für alle darüber hinausgehenden Überweisungen. Für diese darf die Bank nur diejenigen Gebühren berechnen, die laut Vertrag für diese weiteren Überweisungen anfallen (also ohne die Einbeziehung zusätzlicher Gebühren für Serviceleistungen).

 

Da beim Ausfall der Geldautomaten der Kunde die Möglichkeit hat, das Geld während der Öffnungszeiten der Bank am Schalter abzuholen und diese Möglichkeit keine zusätzlichen Gebühren auslöst, stellt sich das Gebührenproblem in diesem Fall nicht.

 

 

2. Haftung der Bank

Eine Haftung der Bank für den Ausfall ihrer Selbstbedienungsautomaten wird man regelmäßig verneinen müssen. Bislang hat sich nur die Rechtslehre mit dem Problem einer Haftung beim Ausfall der Geldautomaten beschäftigt. Während die Rechtsprechung zwar davon ausgeht, dass die Geldinstitute zur Aufstellung von Geldautomaten verpflichtet sind (BGH, BGHZ 74, 309 f. und WM 1990, 87 ff.), besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Geldinstitute jedenfalls daraus keine uneingeschränkte Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Geldautomaten trifft (Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bd. I, § 54 Rn. 2; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 527i, der von einer Schutz- und Organisationspflicht zur Gewährleistung des Betriebs des Geldautomatensystems ausgeht; Gössmann, WM 1998, 1264 (1272)).

Die Banken haben regelmäßig in ihren AGB eine Haftung für den Ausfall der Geldautomaten regelmäßig auf das Vorliegen groben Verschuldens beschränkt. Davon ist jedenfalls ein Ausfall der Automaten aufgrund Hochwasserschadens erst recht nicht umfasst. Diese Regelung wird auch nicht gegen das Verbot der unangemessenen Benachteiligung, § 307 Abs. 1 BGB, verstoßen. Die Möglichkeit zur Geldabhebung am Automaten wird man als zusätzliche Möglichkeit zur Bargeldbeschaffung innerhalb des Zahlungssystems der Banken ansehen müssen. Dem Kunden bleibt bei Ausfall des Automaten nach wie vor die Möglichkeit, während der Öffnungszeiten am Schalter sein Geld abzuheben. Zu berücksichtigen ist daneben, dass der Kunden nur einen begrenzten Betrag über den Automaten von seinem Konto abheben kann und ein ihm entstandener Schaden (z.B. durch die Nichtverfügbarkeit von Bargeld zu einer Uhrzeit, in der die Bank geschlossen hat) regelmäßig relativ gering ausfallen wird.

Für den Ausfall von Kontoauszugsdruckern und Überweisungsautomaten durch das Hochwasser wird man ebenfalls keine Haftung der Bank annehmen können. Sofern die Bank die entsprechenden Leistungen - auf andere Weise - anbietet, wird der Kunde keine Schadensersatzforderungen gegen die Bank geltend machen können. Hier wird vom Kunden erwartet werden können, dass er bei Ausfall der Automaten rechtzeitig am Schalter die notwendigen Überweisungen in Auftrag gibt. Eine Haftung für den Ausfall des Kontoauszugsdruckers wird man wohl schon deshalb verneinen können, weil ein durch den Ausfall entstehender Schaden für den Kunden wohl ausgeschlossen werden.

 

3. Fazit: 

Hat das Hochwasser die Selbstbedienungsautomaten der Bank außer Betrieb gesetzt und hat der Kunde nur die Möglichkeit, Überweisungen am Schalter ausführen und sich die Kontoauszüge zuschicken zu lassen (weil auch andere, funktionierende Selbstbedienungsautomaten der Filiale nicht in zumutbarer Nähe für den Kunden zu erreichen sind), so darf die Bank ihm für diese Leistungen keine zusätzlichen Gebühren in Rechnung stellen.

 

Dem Kunden wird daher empfohlen:

Erzeugt: 23.10.02. Letzte Änderung: 31.10.02.
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