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Page ID 818 not accessible or does not exist > Kredite > Baufinanzierung > Probleme mit Kreditvermittlern > Aufklärungs- und Beratungsverschulden

iff-Infobrief 06/2002

Kreditvermittlung, Vergütung; Aufklärungs- und Beratungsverschulden


Sachverhalt

Ein Kreditnehmer hatte fünf Kredite in Höhe von ca. 100.000 DM Anfang der 90er Jahre abgeschlossen, zwei davon in Höhe von insgesamt ca. 55.000 DM bei der KfW zu 6,93 % p.a. eff. Jahreszins auf jeweils 10 Jahre. Die drei weiteren Hypothekendarlehen hatten eine variable Zinsvereinbarung und lagen zur Zeit der Ablösung bei 8,05 % p.a. effektiver Jahreszins bzw. einer bei 6,5 % p.a. eff. Jahreszins. Daneben bestand ein Bauspardarlehen mit einem eff. Jahreszins von 5,1 % p.a. Zum 29.8.2000, dem Ablösezeitpunkt, betrug die Gesamtrestschuld 99.218.27 DM.

Ein Kreditvermittler der afb Finanzierungsvermittlungs GmbH vermittelte dem Kreditnehmer zum 29.8.2000 eine Bausparsofortfinanzierung: nämlich ein Darlehen in Höhe von 105.000 DM, fest bis zum 30.9.2010 mit einem im Kreditvertrag angegebenen eff. Jahreszins von 6,62 % p.a. Daneben wurden dem Kreditnehmer drei Bauspardarlehen in Höhe von insgesamt 105.000 DM vermittelt, mit dem der Festkredit später abgelöst werden sollte.

Im gesonderten Kreditvermittlungsvertrag waren die Kosten der Kreditvermittlung mit 5,25 % angegeben. Dazu wurden 1,5 % Provision angegeben, die der Kreditvermittler direkt vom Kreditgeber erhalten sollte. Im Kreditvermittlungsvertrag wurde der effektive Jahreszins des Kredites mit 7,78 % p.a. angegeben.

Angefragt wurde, inwieweit der Effektivzins der Anschlussfinanzierung tatsächlich geringer ist als bei den abgelösten Krediten und ob den Vermittler bezüglich der ungenügend angepassten variablen Darlehen eine Aufklärungspflicht treffe.

Stellungnahme

  1. Anspruch des Vermittlers auf Vergütung gem. § 16 VerbrKrG a.F.

    Der Anspruch auf Vergütung für die Kreditvermittlung gem. § 655c S. 2 u. S. 3 BGB n.F. (§ 16 S. 2 und S. 3 VerbrKrG a.F.) besteht nur, soweit der effektive Jahreszins des ablösenden Kredites nicht den effektiven Jahreszins des Umschuldungskredites überschreitet.

    1. Grundlage für die Effektivzinsberechnung

      Im vorliegenden Fall bestanden 6 Kredite, die in ein einziges Bausparsofortdarlehen umgewandelt wurden. Bei mehreren Umschuldungskrediten sind diese einzeln mit dem neuen effektiven Jahreszins zu vergleichen und getrennt zu behandeln (Bülow VerbrKrG. 4. Aufl., § 16 Rz. 20).

    2. Vorzeitige Auflösung

      Anwendbar ist § 655c S. 2 und 3 nur bei vorzeitiger Vertragsauflösung. Dieses ist im vorliegenden Fall bei den variablen Krediten zumindest fraglich, wenn sie ordnungsgemäß vom Kreditnehmer gekündigt wurden. Nach Bülow (a.a.O. § 16 Rz. 23) ist hier jedoch aufgrund des Sinn und Zweck des § 655c BGB n.F. eine weite Auslegung geboten, so dass es nicht auf die Zinsbindung, sondern die beabsichtigte Vertragslaufzeit ankommt (so auch Westphalen/Emmerich/Rottenburg VerbrKrG 2. Aufl., § 16 Rz. 26). Ist diese bei einer anfänglichen Tilgung von 1 % p.a. auf 2030 Jahre beabsichtigt, ist es unerheblich, ob zeitweise eine variable Verzinsung vereinbart war. Auch in derartigen Fällen ist dann von einer "vorzeitigen Ablösung" auszugehen.

    3. Einbeziehung der Vermittlungskosten

      In den effektiven Jahreszins des Umschuldungskredites müssen die Kreditvermittlungskosten regelmäßig mit einbezogen werden (Bülow a.a.O. § 16 Rz. 25; zu Ausnahmen siehe: BGH NJW 1987, 181 (182)); siehe dazu auch § 6 Abs. 3 S. 1 PAngV. Bei den abzulösenden Krediten sind sie dagegen gem. § 655c S. 3 BGB nicht zu berücksichtigen.

      Inklusive der Kreditvermittlungskosten von 6,75 % (5,25 % + 1,5 %) des Darlehensvertrages beträgt der effektive Jahreszins nicht wie im Kreditvertrag angegeben 6,62 % p.a., sondern 7,73 % p.a., wie es auch im Kreditvermittlungsvertrag angegeben wurde (hier sogar mit 7,78 % p.a.) Die Mehrzahl der abgelösten Kredite waren daher günstiger. Eine Vermittlungsprovision dafür entfällt bzw. kann zurückgefordert werden.

    4. Alternativ gibt es die Auffassung in der Literatur, einen Durchschnittszinssatz der abgelösten Kredite vorzunehmen und eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen (Westphalen/Emmerich/Rottenburg a.a.O. § 16 Rz. 37 a.E.). Soweit man die Gewichtung der einzelnen Kredite dabei berücksichtigt ist dieses grundsätzlich machbar.

    5. Einbeziehung des Kombinationsproduktes

      Der Vergleich gem. § 655c S. 2 u. S. 3 BGB richtet sich vom Wortlaut her nur auf den effektiven Jahreszins. Die Kosten eines Kombinationskredites bleiben dabei vom Wortlaut her außer Betracht. Eine entsprechende Richtlinie, die bei Kombinationsprodukten die Angabe eines effektiven Jahreszinses verbindlich regelt, ist derzeit bei der Europäischen Kommission erst in der Bearbeitung.

      Sinn und Zweck des § 16 VerbrKrG (jetzt § 655c BGB) war es jedoch, wirtschaftlich sinnlose vorzeitige Umschuldungen zurückzudrängen (Bülow a.a.O. § 16 Rz. 4). Daher erscheint es aufgrund einer teleologischen Auslegung gerechtfertigt, die Kosten des Kombinationsproduktes, welches im vorliegenden Fall auch noch von einem Unternehmen als Paket verkauft wurde, mit einzubeziehen. Allerdings steht dem gegenüber, dass in der Literatur andere ungünstige Konditionen, auch wenn diese den Neukredit insgesamt ungünstiger werden lassen, bei der Betrachtung gem. § 16 VerbrKrG a.F. unberücksichtigt bleiben sollen (z.B. in Bezug auf AGB: Bülow a.a.O. § 16 Rz. 25).

      Lehnt man die weite Auslegung ab, dann bleibt Raum für eine analoge Anwendung des § 16 VerbrKrG, da offensichtlich an Kombinationsprodukte wie der vorliegenden Art nicht gedacht worden ist. Die Kosten der Ablösekredite sind dann mit den tatsächlichen Kosten des Kombinationsproduktes zu vergleichen. Steht dieses insgesamt schlechter da, entfällt der Anspruch auf Vergütung. Dieses ist wie oben für jeden Ablösekredit getrennt zu ermitteln und bei der Provision evtl. eine Quote aufgrund des Anteils am Umschuldungskredit zu bilden.

      Im vorliegenden Fall war für die Mehrzahl der Kredite der effektive Jahreszins des Umschuldungskredites bereits höher. Damit entfällt für diesen Teil ein Provisionsanspruch. Soweit man die Kosten der Bausparsofortfinanzierung mit berücksichtigt, wird der Provisionsanspruch voraussichtlich auch für die beiden verbleibenden Kredite entfallen.

  2. Aufklärungs- und Beratungsverschulden des Vermittlers

    Bezüglich der nicht korrekten Anpassung der Altkredite mit variabler Verzinsung kann keine Aufklärungspflicht bestehen, da er selbst darauf achten muss, dass er nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt (Bülow a.a.O. § 16 Rz. 19), und die Beurteilung, ob nicht entsprechend der Zinssatz angepasst wurde, auch von der rechtlichen Frage abhängt, inwieweit ein Kreditinstitut zur Zinsanpassung verpflichtet ist.

    Bei einer Bausparsofortfinanzierung trifft den Kreditvermittler gegenüber einer in der Regel unerfahrenen Privatperson jedoch eine Aufklärungspflicht hinsichtlich des Kombinationsproduktes an sich, zu dem auch ein Vergleich mit einem üblichen Hypothekenkredit gehört.

    Es ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass der Kreditnehmer nicht über die Vor- und Nachteile dieser Finanzierungsart im Vergleich zu einem herkömmlichen Hypothekenkredit aufgeklärt wurde. Der Schaden ist die Differenz zwischen den Kosten für die bestehenden Kredite und der Gesamtbelastung der Bausparsofortfinanzierung inklusive der Bausparverträge (Zur Berechnung der Gesamtbelastung siehe Infobrief 16/1995). Dabei ist auch zu bedenken, dass die Hälfte des Kredites über die KfW finanziert wurde und die Zinsbindung Ende 2001 und Anfang 2002 auslief. Eine Anschlussfinanzierung bei der KfW wäre erwartungsgemäß günstiger ausgefallen als die auf dem Markt üblichen Konditionen.

  3. Aufklärungs- und Beratungspflicht der Bausparkasse

    Soweit ein Kreditvermittler eingeschaltet wird, entfällt grundsätzlich eine Beratungspflicht des Kreditgebers (Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 5. Aufl., Rz. 160). Doch kann sich eine besondere Beratungspflicht aus den besonderen Umständen ergeben.

    Im vorliegenden Fall trifft den Kreditgeber, hier die Aachener Bausparkasse, eine eigene Aufklärungspflicht gegenüber dem Kreditnehmer, da ihr aus den eingereichten Unterlagen deutlich war, dass teilweise günstigere Kredite durch eine Bausparsofortfinanzierung abgelöst werden sollten, die hier aus einer Hand verkauft wurden. Auch war dem Kreditgeber bekannt, dass der Kreditvermittler eine Provision erhielt, da laut Vermittlungsvertrag 1,5 % vom Bruttobetrag direkt vom Kreditgeber an den Vermittler gezahlt werden sollten.

  4. Falsche Effektivzinsangabe im Kreditvertrag

    Der effektive Jahreszins des Umschuldungskredites wurde im Kreditvermittlungsvertrag mit 7,78 % p.a. angegeben, der auch eine Vollmacht für den Kreditvermittler zum Abschluss eines Darlehensvertrages enthielt. Im Kreditvertrag wurde der effektive Jahreszins lediglich mit 6,62 % p.a. angegeben. Nach der von uns durchgeführten Berechnung beträgt der effektive Jahreszins 7,73 % p.a.

    Nach dem BGH (NJW 2001, 2963) kommt es bezüglich der Angaben gem. § 4 Abs. 1 S. 4 VerbrKrG a.F. allein auf den Kreditvertrag an:

    "Das Verbraucherkreditgesetz schränkt das dem Vertretungsrecht zugrunde liegende Repräsentationsprinzip nicht entscheidend ein. Die Formvorschrift des §4 Abs. 1 Satz 4 VerbrKrG betrifft nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut allein den Kreditvertrag, nicht dagegen eine vom Kreditnehmer einem Dritten erteilte Vollmacht, aufgrund der dieser für den Kreditnehmer den Kreditvertrag abschließt." [Hervorhebung durch Autor]

    In diesem war der korrekte effektive Jahreszins nicht angegeben. Der Logik des BGH folgend ist daher der Zinssatz des neuen Kreditvertrages gem. § 494 Abs. 3 BGB (§ 6 Abs. 4 VerbrKrG a.F.) entsprechend um 1,11 % p.a. zu reduzieren und neu abzurechnen, auch wenn der Kreditnehmer in der Vollmachtsurkunde über den erwarteten effektiven Jahreszins korrekt aufgeklärt wurde.

    Seit dem 1.1.2002 ist in § 494 Abs. 4 BGB im Übrigen geregelt, dass neben dem Verbraucherdarlehensvertrag auch die Vollmacht die entsprechenden Angaben inklusive des effektiven Jahreszinses enthalten muss und Fehler bei der Vollmachtserteilung gem. § 494 BGB entsprechende Folgen haben.

  5. Vorgehensweise

    Sinnvoll wäre es, sich mit der Aachener Bausparkasse dahingehend zu einigen, dass die bisherigen Zahlungen auf die Bauspardarlehen dem Kredit, dem Eingang entsprechend, als Tilgung gutgeschrieben werden und die Bauspardarlehen rückwirkend kostenfrei aufgelöst werden, sowie die gezahlten Provisionen von Anfang an auf den Kredit zu verrechnen, so dass der Kreditnehmer so gestellt wird, als hätte er nur für die ursprünglich benötigte Summe einen Kredit aufgenommen. Der Zinssatz von 6,62 % p.a. entspricht auch ungefähr dem damaligen Durchschnittszinssatz für Hypothekendarlehen des privaten Wohnungsbaus (Statistik der Deutschen Bundesbank für 8/2000 bei 10jähriger Zinsbindung. 6,69 % p.a.). Bei diesem Vorschlag verzichtet der Kreditnehmer schon auf eine Schadensausgleichung der teilweise günstigeren Kredite und eine Reduzierung des Nominalzinssatzes um 1,11 % p.a. aufgrund fehlerhafter Angabe im Kreditvertrag. Die vorgesehenen Gesamtraten (inkl. Ansparraten) sind dann für die Zukunft als Tilgung des Darlehens anzusehen. Dafür sollte der Aachener Bausparkasse bei Unterbreitung des Angebotes ein entsprechender Kreditverlauf gleich beigelegt werden. Der Vorteil für den Kunden ist dabei, dass sich die Aachener Bausparkasse dann selbst mit dem Vermittler auseinandersetzen muss.

    Alternativ ist die Vermittlungsprovision zurückzufordern, der Schaden aufgrund des Aufklärungs- und Beratungsverschuldens gegenüber dem Vermittler und gegenüber der Bausparkasse geltend zu machen und gleichzeitig eine Neuabrechnung des Kredites aufgrund des zu niedrig ausgewiesenen effektiven Jahreszinses zu verlangen.

Erzeugt: 05.09.02. Letzte Änderung: 13.09.02.
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